Das konjunkturelle Auf- und Ab, wie es in „Im Schwerpunkt 1“ vorgestellt wurde, ist ein dauerhafter Begleiter moderner Volkswirtschaften. Manchmal ist der Abschwung allerdings besonders drastisch oder hartnäckig. Dann droht möglicherweise eine Wirtschaftskrise mit ernsthaften wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen. Besonders dramatisch war die große Finanz- und Weltwirtschaftskrise, die in den Jahren 2007/2008 begann. Ihr widmen wir uns in diesem Schwerpunkt. Doch zunächst fragen wir uns: Was sind Wirtschaftskrisen überhaupt?

Die vorangegangenen Lernabschnitte haben gezeigt, dass sich hinter dem langfristigen Aufwärtstrend des Pro-Kopf-BIP in modernen Volkswirtschaften wellenartige Muster erkennen lassen: Auf Phasen positiver Entwicklung mit einer kräftigen Ausweitung wirtschaftlicher Aktivitäten folgen Phasen geringeren wirtschaftlichen Wachstums. Es kann hierbei sogar dazu kommen, dass die wirtschaftliche Entwicklung hinter einen bereits erreichten Zustand zurückfällt: Die Wirtschaftsleistung schrumpft. Damit sind verschiedene negative Begleitumstände wie steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Löhne und Unternehmensschließungen verbunden.

Prozentuale Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Jahren 2007 und 2009 jeweils im Vergleich zum Vorjahr (in konstanten Preisen), Stand: Okt. 2017

< -1,0% -1,0% bis 0,9% 1,0% bis 2,9% ≥ 3,0% SIMBABWE -3,4 KONGO -1,6 FIDSCHI -0,9 BRUNEI DARUSSALAM 0,1 UNGARN 0,4 DÄNEMARK 0,9 BELIZE 1,1 ERITREA 1,4 JAMAIKA 1,4 BAHAMAS 1,4 ITALIEN 1,5 ST. KITTS UND NEVIS 1,5 ST. LUCIA 1,6 JAPAN 1,7 CÔTE D'IVOIRE 1,8 USA 1,8 SAUDI-ARABIEN 1,8 IRAK 1,9 KANADA 2,1 TOGO 2,1 ECUADOR 2,2 FRANKREICH 2,4 PORTUGAL 2,5 VEREINIGTES KÖNIGREICH 2,6 MAURETANIEN 2,8 NORWEGEN 2,9 REPUBLIK MOLDAU 3,0 MEXIKO 3,1 NIGER 3,2 VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE 3,2 KAMERUN 3,3 GUINEA-BISSAU 3,3 TSCHAD 3,3 GRIECHENLAND 3,3 JEMEN 3,3 HAITI 3,3 DEUTSCHLAND 3,4 ALGERIEN 3,4 BELGIEN 3,4 SCHWEDEN 3,4 NEPAL 3,4 BURUNDI 3,5 MALI 3,5 MAROKKO 3,5 ÖSTERREICH 3,6 GAMBIA 3,6 NAMIBIA 3,6 NIEDERLANDE 3,7 SPANIEN 3,8 EL SALVADOR 3,8 SWASILAND 3,9 NEUSEELAND 4,0 SCHWEIZ 4,1 BURKINA FASO 4,1 GHANA 4,3 OMAN 4,5 AUSTRALIEN 4,5 BOLIVIEN 4,6 ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK 4,6 TRINIDAD UND TOBAGO 4,8 ZYPERN 4,8 CHILE 4,9 SENEGAL 4,9 LESOTHO 5,0 TÜRKEI 5,0 NICARAGUA 5,1 SURINAME 5,1 KROATIEN 5,2 IRLAND 5,2 VANUATU 5,2 FINNLAND 5,2 SÜDAFRIKA 5,4 PARAGUAY 5,4 THAILAND 5,4 SÜDKOREA 5,5 PAKISTAN 5,5 TSCHECHIEN 5,6 SYRIEN 5,7 SERBIEN 5,9 MAURITIUS 5,9 BOSNIEN UND HERZEGOWINA 6,0 BENIN 6,0 ALBANIEN 6,0 KUWAIT 6,0 BRASILIEN 6,1 GRENADA 6,1 ISRAEL 6,2 HONDURAS 6,2 TUNESIEN 6,3 DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO 6,3 MALAYSIA 6,3 GUATEMALA 6,3 GABUN 6,3 INDONESIEN 6,3 LIBYEN 6,4 DOMINIKA 6,4 SALOMONEN 6,4 MADAGASKAR 6,4 MAZEDONIEN, EHEM. J.R. 6,5 GUINEA 6,5 TAIWAN 6,5 BANGLADESCH 6,5 URUGUAY 6,5 PHILIPPINEN 6,6 SRI LANKA 6,8 KENIA 6,9 RUMÄNIEN 6,9 KOLUMBIEN 6,9 SLOWENIEN 6,9 GUYANA 7,0 IRAN 7,1 ÄGYPTEN 7,1 VIETNAM 7,1 POLEN 7,2 NIGERIA 7,3 BULGARIEN 7,3 DOMINIKANISCHE REPUBLIK 7,4 MOSAMBIK 7,4 RUANDA 7,6 ESTLAND 7,7 TADSCHIKISTAN 7,8 LAOS 7,9 SIERRA LEONE 8,1 UGANDA 8,1 COSTA RICA 8,2 JORDANIEN 8,2 UKRAINE 8,2 BOTSWANA 8,3 SAMBIA 8,4 LUXEMBURG 8,4 TANSANIA 8,5 SUDAN 8,5 PERU 8,5 RUSSLAND 8,5 KIRGISISTAN 8,5 BELARUS 8,6 VENEZUELA 8,8 MONGOLEI 8,8 KASACHSTAN 8,9 ARGENTINIEN 9,0 ANTIGUA UND BARBUDA 9,3 LIBANON 9,3 ISLAND 9,4 USBEKISTAN 9,5 MALAWI 9,6 INDIEN 9,8 LETTLAND 9,9 KAMBODSCHA 10,2 MONTENEGRO 10,7 SLOWAKEI 10,8 TURKMENISTAN 11,1 LITAUEN 11,1 PAPUA-NEUGUINEA 11,1 TIMOR-LESTE 11,4 ÄTHIOPIEN 11,8 MYANMAR 12,0 PANAMA 12,1 BHUTAN 12,6 GEORGIEN 12,6 LIBERIA 12,7 AFGHANISTAN 13,3 ARMENIEN 13,7 CHINA 14,2 KATAR 18,0 ANGOLA 22,6 ASERBAIDSCHAN 25,0 < -1,0% -1,0% bis 0,9% 1,0% bis 2,9% ≥ 3,0% SIMBABWE 7,4 KONGO 7,8 FIDSCHI -1,4 BRUNEI DARUSSALAM -1,8 UNGARN -6,6 DÄNEMARK -4,9 BELIZE 0,8 ERITREA 3,9 JAMAIKA -3,4 BAHAMAS -4,2 ITALIEN -5,5 ST. KITTS UND NEVIS -1,0 ST. LUCIA -0,8 JAPAN -5,4 CÔTE D'IVOIRE 3,3 USA -2,8 SAUDI-ARABIEN -2,1 IRAK 3,4 KANADA -3,0 TOGO 3,5 ECUADOR 0,6 FRANKREICH -2,9 PORTUGAL -3,0 VEREINIGTES KÖNIGREICH -4,3 MAURETANIEN -1,0 NORWEGEN -1,6 REPUBLIK MOLDAU -6,0 MEXIKO -4,7 NIGER -0,7 VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE -5,2 KAMERUN 1,9 GUINEA-BISSAU 3,4 TSCHAD 4,1 GRIECHENLAND -4,3 JEMEN 3,9 HAITI 3,1 DEUTSCHLAND -5,6 ALGERIEN 1,6 BELGIEN -2,3 SCHWEDEN -5,2 NEPAL 4,5 BURUNDI 3,8 MALI 4,7 MAROKKO 4,2 ÖSTERREICH -3,8 GAMBIA 6,5 NAMIBIA 0,3 NIEDERLANDE -3,8 SPANIEN -3,6 EL SALVADOR -3,1 SWASILAND 4,5 NEUSEELAND 0,4 SCHWEIZ -2,2 BURKINA FASO 3,0 GHANA 4,8 OMAN 6,1 AUSTRALIEN 1,7 BOLIVIEN 3,4 ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK 1,7 TRINIDAD UND TOBAGO -4,4 ZYPERN -1,8 CHILE -1,6 SENEGAL 2,4 LESOTHO 4,5 TÜRKEI -4,7 NICARAGUA -3,3 SURINAME 3,0 KROATIEN -7,4 IRLAND -4,7 VANUATU 3,3 FINNLAND -8,3 SÜDAFRIKA -1,5 PARAGUAY -4,0 THAILAND -0,7 SÜDKOREA 0,7 PAKISTAN 0,4 TSCHECHIEN -4,8 SYRIEN 5,9 SERBIEN -3,1 MAURITIUS 3,0 BOSNIEN UND HERZEGOWINA -0,8 BENIN 2,3 ALBANIEN 3,4 KUWAIT -7,1 BRASILIEN -0,1 GRENADA -6,6 ISRAEL 1,5 HONDURAS -2,4 TUNESIEN 3,1 DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO 2,9 MALAYSIA -1,5 GUATEMALA 0,5 GABUN -2,3 INDONESIEN 4,7 LIBYEN -3,0 DOMINIKA -1,2 SALOMONEN -4,7 MADAGASKAR -4,7 MAZEDONIEN, EHEM. J.R. -0,4 GUINEA -1,5 TAIWAN -1,6 BANGLADESCH 5,3 URUGUAY 4,2 PHILIPPINEN 1,1 SRI LANKA 3,5 KENIA 3,3 RUMÄNIEN -7,1 KOLUMBIEN 1,7 SLOWENIEN -7,8 GUYANA 3,3 IRAN 0,3 ÄGYPTEN 4,7 VIETNAM 5,4 POLEN 2,6 NIGERIA 8,4 BULGARIEN -3,6 DOMINIKANISCHE REPUBLIK 0,9 MOSAMBIK 6,4 RUANDA 6,3 ESTLAND -14,7 TADSCHIKISTAN 3,9 LAOS 7,4 SIERRA LEONE 3,2 UGANDA 8,1 COSTA RICA -1,0 JORDANIEN 5,5 UKRAINE -15,1 BOTSWANA -7,7 SAMBIA 9,2 LUXEMBURG -4,4 TANSANIA 5,4 SUDAN 4,7 PERU 1,0 RUSSLAND -7,8 KIRGISISTAN 2,9 BELARUS 0,2 VENEZUELA -3,2 MONGOLEI -2,1 KASACHSTAN 1,2 ARGENTINIEN -5,9 ANTIGUA UND BARBUDA -12,1 LIBANON 10,1 ISLAND -6,9 USBEKISTAN 8,1 MALAWI 8,3 INDIEN 8,5 LETTLAND -14,3 KAMBODSCHA 0,1 MONTENEGRO -5,7 SLOWAKEI -5,4 TURKMENISTAN 6,1 LITAUEN -14,8 PAPUA-NEUGUINEA 6,8 TIMOR-LESTE 13,0 ÄTHIOPIEN 10,0 MYANMAR 5,1 PANAMA 1,6 BHUTAN 5,7 GEORGIEN -3,7 LIBERIA 5,1 AFGHANISTAN 20,6 ARMENIEN -14,2 CHINA 9,2 KATAR 12,0 ANGOLA 2,4 ASERBAIDSCHAN 9,3 2007 2009

Solche Phasen wirtschaftlicher Schrumpfung können schnell vorübergehen. Manchmal dauern sie allerdings erheblich länger oder sind durch einen besonders drastischen Rückgang von Wachstum, Beschäftigung, Einkommen, Preisen und anderen wirtschaftlichen oder sozialen Kennziffern gekennzeichnet. In einem solchen Fall kann man von einer Wirtschaftskrise sprechen. Die letzte große Krise der Jahre 2007/2008 hat dafür gesorgt, dass Wirtschaftskrisen auch in der Wissenschaft wieder eine größere Aufmerksamkeit bekommen. Das zeigt auch das folgende Zitat:

„Lange Zeit galten Wachstum und Konjunktur neben dem Strukturwandel als die vorherrschenden Entwicklungsmuster moderner Volkswirtschaften. Krisen und Depressionen wurden als Teil des Konjunkturzyklus und damit als normaler Bestandteil des Wachstumsprozesses aufgefasst. Die Finanz- und Weltwirtschaftskrise von 2007 / 2008 hat hier ein radikales Umdenken ausgelöst. Bei vielen gilt der moderne globale Kapitalismus seither (wieder) als extrem labil und krisengefährdet. Danach stellt die Wirtschaftskrise eine eigenständige Entwicklungsform moderner Volkswirtschaften neben der Konjunktur dar und bedarf deshalb einer eigenen historischen und theoretischen Analyse.“

Rainer Metz, 2016

Der Begriff Krise ist allerdings nicht eindeutig definiert. Es gibt keine klaren Regeln dafür, wann genau eine wirtschaftliche Entwicklung als Krise zu bezeichnen ist. Wirtschaftsforscherinnen verwenden eher den Begriff der Depression, zu dem es aber ebenfalls keine allgemeingültige Definition gibt. Neben diesen Definitionsschwierigkeiten gibt es wissenschaftliche Kontroversen darüber, ob Wirtschaftskrisen ein notwendiger Bestandteil moderner Volkswirtschaften sind, welche Ursachen sie haben, welche politischen Maßnahmen zur Krisenvorbeugung unternommen werden können und wie und wann Regierungen im Krisenfall agieren sollten.

Krisen können in vielfältigen Formen auftreten: Manche sind auf bestimmte Länder (z. B. Argentinien-Krise), Regionen (z. B. Asienkrise) oder Branchen (z. B. Stahlkrise) begrenzt. Oder aber sie entstehen in einem bestimmten wirtschaftlichen Bereich (Banken- und Finanzkrisen) oder durch ein bestimmtes politisches oder ökonomisches Ereignis (z. B. Ölpreiskrise), greifen aber von dort aus auf die Gesamtwirtschaft über und werden zu einer allgemeinen Wirtschaftskrise. Im Extremfall betreffen sie so viele Länder, dass von einer globalen Wirtschaftskrise gesprochen werden kann.

Ein Merkmal größerer Wirtschaftskrisen ist, dass ihre Auswirkungen nicht auf den engeren Bereich der Wirtschaft begrenzt bleiben, sondern auch weitreichende soziale und politische Folgen nach sich ziehen. Zu den sozialen Folgen gehören u. a. die Zunahme von Arbeitslosigkeit, Armut und gesellschaftlichen Konflikten. Zu den politischen Folgen kann zum Beispiel der Erfolg radikaler Parteien gehören. Wirtschaftskrisen sind somit bedeutsame Ereignisse, die den Verlauf der Geschichte nachhaltig prägen. Manchmal werden sogar ganze Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme in solchen Situationen auf den Prüfstand gestellt.

H5P-Element „Bedeutende Wirtschaftskrisen seit 1850“. Quellen- und Lizenzangaben unter „Rights of use“ im H5P-Element.

Unter dem Gesichtspunkt der sozialen und politischen Folgen sind zwei Wirtschaftskrisen besonders hervorzuheben: Die Weltwirtschaftskrise der 1920er/1930er Jahre sowie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise, die in den Jahren 2007/2008 ausbrach. Besonders die Weltwirtschaftskrise der 1930er hatte erhebliche soziale und politische Auswirkungen: In Deutschland trug die Massenarbeitslosigkeit zum Aufstieg und zur Machtübernahme der Nationalsozialisten bei. In den USA waren die Wirtschafts- und Sozialreformen des „New Deal“ ein Ergebnis. In wissenschaftlicher Hinsicht begünstigte die Krise die Entwicklung und den Aufstieg des Keynesianismus zur vorherrschenden Wirtschaftstheorie in den Nachkriegsjahrzehnten.

Auch die sozialen und politischen Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, die in den Jahren 2007/2008 begann, waren erheblich. Einige Wissenschaftlerinnen gehen z. B. davon aus, dass der zunehmende Erfolg rechtspopulistischer Parteien in den vergangenen Jahren eine Spätfolge der Finanzkrise ist.

Der Text „Wirtschaftskrisen: Ein eigen-artiges Phänomen“ von Julian Becker, Till van Treeck ist lizenziert unter CC BY 4.0.

Die Grafik „Prozentuale Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Jahren 2007 und 2009 jeweils im Vergleich zum Vorjahr (in konstanten Preisen), Stand: Okt. 2017“ von bpb.de ist lizenziert unter CC BY-NC-ND 3.0. Quelle der Daten: International Monetary Fund (IMF): World Economic Outlook (WEO), Okt. 2017.

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