Seit der Einführung des Euro verwenden eine ganze Reihe von Ländern in Europa dieselbe Währung. Sie haben sich zu einer Währungsunion zusammengeschlossen. Zuvor gab es in jedem Land eine eigene Währung und Wechselkurse zwischen den Währungen diesen Ländern. Doch was ist ein Wechselkurs eigentlich und welche Bedeutung hat er? Und warum haben sich die Länder dazu entschlossen, eine Währungsunion zu bilden?

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Wenn man vor 2002 von Deutschland zu einem Urlaub nach Italien aufbrach, war es selbstverständlich, dass man zunächst D-Mark in italienische Lira umtauschen musste. Ansonsten hätte man in Italien nicht im Hotel, Restaurant oder Supermarkt mit Bargeld bezahlen können. Genau genommen meint Umtausch dabei, dass man italienische Lira kaufte – und diese mit D-Mark bezahlte. Für eine Italienerin, die nach Deutschland fuhr, galt der umgekehrte Fall. Bei einer Reise in die Schweiz, die USA oder Großbritannien ist das noch heute so: Zunächst muss Euro in die jeweilige Landeswährung getauscht werden.

Was für einen Dienstleistungsimport gilt (nichts Anderes ist eine Urlaubsreise ins Ausland aus Sicht der VGR), gilt auch für den Import oder Export von Waren oder Kapital:

  • Wer eine ausländische Ware importieren oder ein ausländisches Wertpapier erwerben möchte, fragt ausländische Währung nach (z. B. $) und bietet dafür inländische Währung an (z. B. €).
  • Wenn jemand aus dem Ausland eine Ware oder ein Wertpapier im Inland kaufen möchte (aus Sicht des Inlands ein Export), hat sie eine Nachfrage nach inländischer Währung (z. B. €) und bietet dafür ausländische Währung an (z. B. $).

Den Preis einer Währung, ausgedrückt in einer anderen Währung, nennt man Wechselkurs. Wechselkurse lassen sich dabei auf zwei Weisen notieren:

Preisnotierung: Der Preis für eine ausländische Währungseinheit wird in einheimischer Währung ausgedrückt: 1 US-Dollar kostet etwa 0,92 Euro (Stand: 11.03.2024).

Mengennotierung: Angabe der Menge an ausländischer Währung, die man für eine Einheit inländischer Währung erwerben kann:  Für 1 Euro kann man etwa 1,09 US-Dollar erwerben.

Mathematisch gesehen ist die Mengennotierung der Kehrwert der Preisnotierung.

Wechselkurse bilden sich am sogenannten Devisenmarkt. Das ist der Markt, an dem Währungen gehandelt werden. Hier treffen die Käuferinnen und Verkäuferinnen der verschiedenen Währungen aufeinander.

Aufwertung und Abwertung

Wie viele andere Preise unterliegen auch Wechselkurse den Wirkungen von Angebot und Nachfrage: Steigt die Nachfrage nach inländischer Währung (z. B. Euro) und damit das Angebot an ausländischer Währung (z. B. US-Dollar), ohne dass das Angebot an inländischer Währung entsprechend steigt, wird die inländische Währung (gemessen in ausländischer Währung) teurer: Für dieselbe Menge Euro muss man nun zum Beispiel mehr US-Dollar als zuvor bezahlen. Man sagt dann: Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar aufgewertet. Gleichzeitig hat der US-Dollar gegenüber dem Euro abgewertet.

Aufwertung: Wertzugewinn der heimischen Währung, gemessen in einer ausländischen Währung.

Abwertung: Wertverlust der heimischen Währung, gemessen in einer ausländischen Währung.

Bei der Bildung von Wechselkursen kommen viele verschiedene Einflussfaktoren zusammen: Die Höhe der Importe und Exporte von Waren, Dienstleistungen und Kapital spielt dabei ebenso eine Rolle wie Spekulationen über die zukünftige Wechselkursentwicklung, Zins- und Inflationsunterschiede, politische Entwicklungen und die Aktivitäten der Zentralbanken, die die Oberaufsicht über ihre jeweilige inländische Währung haben.

Wechselkurse des Euro zu wichtigen Währungen seit seiner Einführung (Euro-Referenzkurse der EZB, Jahresdurchschnitte)

Wechselkurse des Euro zu wichtigen Währungen seit seiner Einführung (Euro-Referenzkurse der EZB, Jahresdurchschnitte) von Julian Becker, CC BY 4.0. Quelle der Daten: Deutsche Bundesbank.

Lesehinweis: Eine Aufwärtsbewegung bedeutet eine Aufwertung des Euro: Mit einem Euro kann man mehr Einheiten ausländischer Währung erwerben/man muss mehr Einheiten ausländischer Währung für einen Euro bezahlen. Eine Abwärtsbewegung bedeutet eine Abwertung des Euro: Man muss weniger Einheiten ausländischer Währung für einen Euro bezahlen.

Wechselkurse sind wirtschaftspolitisch hochrelevante Preise, weil sie von der gesamtwirtschaftlichen und politischen Entwicklung beeinflusst werden und wiederum gesamtwirtschaftliche Effekte haben. Sie bestimmen u. a. die Chancen eines Landes im internationalen Wettbewerb.

So führt beispielsweise die Aufwertung einer Währung dazu, dass aus Sicht der Bewohnerinnen des betreffenden Landes Importe attraktiver werden, während es für die exportierenden Unternehmen des Landes schwieriger wird.

Warum? Durch die Aufwertung kann man sich pro Einheit inländischer Währung nun mehr Einheiten ausländischer Währung leisten als zuvor. Will man eine bestimmte Ware kaufen, ist diese im Ausland nach einer Aufwertung der eigenen Währung günstiger geworden (vorausgesetzt, ihr Preis in ausländischer Währung hat sich nicht verändert). Man wird diese Ware also möglicherweise eher importieren und nicht mehr im Inland kaufen.

Umgekehrt gilt: Das Interesse von Ausländern an den Waren des Inlandes wird geringer, weil die inländischen Waren (gemessen in ausländischer Währung) teurer geworden sind als zuvor (vorausgesetzt, die Preise im Inland haben sich nicht verändert).

Dies hört sich zunächst vielleicht verwirrend an. Die folgende Anwendung stellt diese Zusammenhänge nochmals dar:

H5P-Element „Auf- und Abwertungen: Text zu Anwendung“. Quellen- und Lizenzangaben unter „Rights of use“ im H5P-Element.

Feste oder flexible Wechselkurse?

Bilden sich Wechselkurse am Devisenmarkt, ohne dass hier von den Staaten (genauer: ihren Zentralbanken) stark eingegriffen wird, wird es zu schwankenden Wechselkursen kommen. Aus der Sicht von Unternehmen können solche Wechselkursschwankungen langfristige Planungen erschweren. Wenn zum Beispiel ein Vorprodukt aus dem Ausland importiert werden muss, aber der Wechselkurs schwankt, ist es schwieriger für ein Unternehmen, seine Kosten im Voraus gut zu kalkulieren. Es muss sich gegebenenfalls gegenüber Wechselkursrisiken absichern, was wiederum Kosten verursachen kann. Grenzüberschreitender Handel wird dadurch möglicherweise erschwert, was zu Effizienzverlusten führen kann und eine engere wirtschaftliche Kooperation und Integration verhindert.

Für exportorientierte Unternehmen können außerdem häufige Aufwertungen der eigenen Währung problematisch sein, weil dadurch ihre Wettbewerbsposition immer wieder verschlechtert wird. Für die privaten Haushalte hingegen stellen starke Währungsabwertungen ein Problem dar, weil dies importierte Produkte aus dem Ausland teurer macht und sich daher aus Sicht der Haushalte ihre Kaufkraft verschlechtert. Kurz gesagt: Eine starke Währung freut die Importeure von Gütern und Dienstleistungen, aber eine zu starke Währung schafft Probleme für die Exporteure.

Daher hat es immer wieder Versuche gegeben, internationale Währungssysteme aufzubauen. Solche Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass die beteiligten Länder (einzeln oder gemeinsam) versuchen, Wechselkursschwankungen auszuschalten oder zumindest in einem engen Rahmen zu halten. Ein Grund für dei Einrichtung eines solchen Systems kann sein, die wirtschaftliche Integration der beteiligten Länder erhöhen zu wollen.

Die entscheidende Rolle spielen hierbei die nationalen Zentralbanken, die auf dem Devisenmarkt eingreifen, wenn ihre Währung zu stark auf- oder abzuwerten droht. Sie können beispielsweise Währungen an den Devisenmärkten kaufen oder verkaufen oder durch die Zinssetzung versuchen, Einfluss auf den Wechselkurs zu nehmen. Am berühmtesten dürfte das sogenannte „System von Bretton Woods“ sein, dass in den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg in Kraft war.

Allerdings ist es für die Zentralbanken nicht immer leicht, die Wechselkurse stabil zu halten. Zudem kann eine solche Verpflichtung auf feste Wechselkurse die Handlungsmöglichkeiten der Geldpolitik (beispielsweise im Hinblick auf die Festlegung des Zentralbankzinses) einschränken: Statt eine eigenständige Geldpolitik zu betreiben, können Zentralbanken gezwungen sein, sich an der Geldpolitik anderer Länder zu orientieren. Erhöht zum Beispiel eine ausländische Zentralbank die Zinsen und macht damit Geldanlagen in ihrer Währung attraktiver, wird die ausländische Währung vermehrt nachgefragt, und die inländische Währung weniger. Somit droht eine Abwertung der inländischen Währung, was für die heimischen Bürgerinnen bedeuten würde, dass ihnen wegen teurerer Importe Kaufkraft verloren geht. Daher kann sich die inländische Zentralbank gezwungen sehen, ebenfalls die Zinsen zu erhöhen, obwohl das gerade vielleicht gar nicht zur inländischen Konjunkturlage passt: Durch steigende Zinsen werden Kredite für die Unternehmen teurer, was zu geringeren Investitionen und steigender Arbeitslosigkeit führen kann.

Ein anderes Problem ist, dass Zentralbanken versuchen können, durch so genannte Deviseninterventionen Wechselkurse gezielt zu manipulieren. So könnte etwa eine Zentralbank mit eigener Währung ausländische Währungen vermehrt nachfragen mit dem Ziel, diese teurer werden zu lassen. Dies entspräche dann einer Abwertung der inländischen Währung und könnte etwa die inländische Exportwirtschaft beflügeln und neue Arbeitsplätze im Inland schaffen. Hierauf könnten allerdings die Zentralbanken anderer Länder mit Gegenmaßnahmen reagieren. Wenn viele Länder gleichzeitig versuchen, ihre Währungen im Preis nach unten zu drücken mit dem Ziel, Exporte und Beschäftigung zu fördern, droht ein sogenannter Abwertungswettlauf.

Heute werden Wechselkurse oft nicht mehr fixiert und bilden sich (mehr oder weniger) flexibel auf den Devisenmärkten. Der Theorie nach haben solche flexiblen Wechselkurse auch den Vorteil, dass sie außenwirtschaftliche Gleichgewichte quasi selbstständig herbeiführen. Vereinfacht soll dieser Mechanismus so verlaufen: Steigen die Exporte eines Landes, während die Importe unverändert bleiben, würde damit auch die Nachfrage nach der Währung des Landes steigen, die Währung also aufwerten. Durch diese Aufwertung werden Exporte allerdings wieder unattraktiver, wodurch sich die Handelsbilanz schließlich wieder ausgleicht.

Eine spezielle Variante eines Währungssystems, so könnte man sagen, ist gewissermaßen eine Währungsunion: Hier verzichten die beteiligten Länder vollständig auf eine eigene Währung. Damit werden auch alle (nominellen) Wechselkurse ein für alle Mal abgeschafft. Doch das kann ebenfalls Probleme mit sich bringen, wie wir weiter unten sehen werden.

Der Text „Wechselkurse und Währungssysteme“ von Julian Becker, Till van Treeck ist lizenziert unter CC BY 4.0.

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Die Abbildung „Wechselkurse des Euro zu wichtigen Währungen seit seiner Einführung (Euro-Referenzkurse der EZB, Jahresdurchschnitte)“ von Julian Becker ist lizenziert unter CC BY 4.0. Quelle der Daten: Deutsche Bundesbank.

GeoGebra-Element „Auf- und Abwertung“ von Julian Becker ist lizenziert unter CC BY-SA 3.0. Bitte beachten Sie außerdem die GeoGebra Lizenz.

H5P-Element: „Auf- und Abwertungen: Text zu Anwendung“. Quellen- und Lizenzangaben unter „Rights of use“ im H5P-Element. Der H5P-Inhaltstyp „Accordion“ steht unter einer MIT-Lizenz.